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Email-Interview iCONOMY


From: Georg C. F. Greve
Subject: Email-Interview iCONOMY
Date: Sat, 25 Aug 2001 12:37:14 +0200
User-agent: Gnus/5.090004 (Oort Gnus v0.04) Emacs/20.7

Hallo allerseits,

in Gesprächen mit Bernhard und Christian wurde mir klar, daß dieses
Email-Interview, das ich vor zwei Tagen Miltiadis Oulios vom
Wirtschaftsmagazin iCONOMY gegeben habe, auch für euch interessant
sein könnte.

Hier ist es also FYI.

Gruß,
Georg

 mo> 1. Wie bewerten Sie die Ankündigungen der Parlamentarischen
 mo> Staatssekretärinnen des Innen- und Wirtschaftsministeriums
 mo> Zypries/Wolf künftig Open Source Software verstärkt in der
 mo> öffentlichen Verwaltung einsetzen zu wollen?

Ich muß zunächst die generelle Bemerkung vornewegschicken, daß wir
empfehlen, von Freier Software zu sprechen und den Begriff Open Source
zu vermeiden, da er nicht nur irreführend ist, sondern auch oft
mißbräuchlich und falsch verwandt wird.

Das entscheidende Wesensmerkmal Freier Software sind die Freiheiten,
die im Umgang mit der Software gesichert sein müssen - Zugang zum
Sourcecode ist lediglich notwendige, nicht hinreichende Bedingung. 

Wir sprechen daher bewußt von Freier Software und ich möchte Sie
ermutigen, dasselbe zu tun.

Zurück zur Frage.

Wir schätzen es sehr, daß Freie Software verstärkt gefördert werden
soll, da letztlich nur Freie Software eine verläßliche und freie
Kommunikationsstruktur innerhalb der Behörden und zwischen Regierung
und Bevölkerung garantiert.

Zudem ist unfreie (proprietäre) Software immer auf die Verdrängung
alternativer Systeme ausgerichtet, um die Marktführerschaft durch
Verdrängung zu erreichen. Proprietäre Software unterstützt also
Monopolisierung und es ist eigentlich nicht einzusehen, wieso durch
öffentliche Gelder eine für die Bevölkerung schädliche Monopolisierung
unterstützt werden soll.

Insofern ist dies ein guter und wichtiger erster Schritt.

 mo> 2. Welchen Auftrieb wird dies der Open source Bewegung geben oder
 mo> anders gefragt, was erhoffen Sie sich von der Förderung?

Ich hoffe, daß die Potentiale Freier Software durch dieses Signal noch
stärker auch gerade den Unternehmen und "Endnutzern" klar werden, die
zumeist die Möglichkeiten noch nicht erkannt haben, geschweige denn
nutzen.

Weiterhin erhoffe ich mir, daß es nicht bei diesem Schritt bleiben
wird. Auf lange Sicht wäre eine Direktive wünschenswert, die
sicherstellt, daß öffentliche Gelder nachhaltig - und das heißt für
Freie Software - verwandt werden.

 mo> 3. Welchen Einfluss glauben Sie wird dieses politische Signal auf
 mo> das Monopol und die Lizenz-/Anti-GPL-Politik Micorosofts haben?

Ich erwarte keine großen Auswirkungen auf Microsoft, auch wenn wir
natürlich hoffen, daß auch Microsoft eines Tages die Vorteile von
Freier Software erkennen wird. 

 mo> 4. Wie stehen Sie zu dem Argument von Microsoft, dass Open source
 mo> Software langfristig für Kunden  höhere Kosten verursacht wegen
 mo> mangelnder Pflege von entwicklungsumgebungen, mangelnder
 mo> Kompatibilität und langsamerer Innovation?

Diese Aussagen zeigen ganz klar, daß Microsoft sich noch nicht
ausreichend mit den Hintergründen beschäftigt hat.

Freie Software tendiert nicht nur zu einer höheren Sicherheit und
Stabilität, auch die "total cost of ownership" ist deutlich
geringer. Zudem garantiert nur Freie Software Investitionssicherheit
und Kompatibiliät.

Durch das unmittelbare Feedback, daß es in der Entwicklung Freier
Software gibt, ist die Entwicklungsgeschwindigkeit deutlich höher als
bei unfreien Projekten - und nicht zuletzt sind die Ergebnisse oft
besser, weil die Projekte flexibler auf Unabwägbarkeiten reagieren
können. 

Freie Software heißt auch freie Märkte und freier Wettbewerb. Das ist
einem Monopolisten natürlich zunächst nicht genehm, doch ich bin
sicher, daß auch Microsoft eines Tages die Vorteile eines freien
Marktes schätzen lernen wird.

 mo> 5. Zuletzt: Welche Mittel stehen derzeit der europäischen FSF zur
 mo> Verfügung und welche Möglichkeiten gibt es, öffentliche Gelder zu
 mo> bekommen.

Die FSF Europe ist noch sehr jung und vielen Menschen noch nicht
bekannt, daher verfügt sie als gemeinnützige Organisation im Moment
noch nicht über ausreichende Finanzen, um ihren Aufgaben so nachkommen
zu können, wie es nötig wäre.

Bisher wurde die Arbeit der FSF Europe hauptsächlich von wenigen
privaten Sponsoren unterstützt, die so einige unserer Aktivitäten
möglich gemacht haben. Öffentliche Gelder hat die FSF Europe für ihre
Arbeit bisher nicht erhalten.

 mo> Ich danke Ihnen im voraus und würde mich freuen, wenn es mit den
 mo> Antworten, wenn auch kurzfristig, klappt.

Ich hoffe, diese Antworten helfen Ihnen weiter. Hier noch einige
Referenzen, die Ihnen helfen könnten, falls Sie sie noch nicht kennen: 

 [1] http://fsfeurope.org/documents/freesoftware.de.html
 [2] http://fsfeurope.org/documents/whatwedo.de.html
 [3] http://fsfeurope.org/documents/whyweexist.de.html
 [4] http://brave-gnu-world.org/
 [5] http://www.gnu.org/philosophy/greve-clown.html
 [6] http://gnuhh.org/

-- 
Georg C. F. Greve                                       <address@hidden>
Free Software Foundation Europe                  (http://fsfeurope.org)
Brave GNU World                            (http://brave-gnu-world.org)

Attachment: pgpuzHwwJzm0I.pgp
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